Berufsorientierung im Wandel – Zur aktuellen Ausgabe von DENK-doch-MAL

Denk doch mal 02/25

Berufsorientierung heute ist mehr als ein Pflichtmodul in der Schule.

Die neue Ausgabe des DENK-doch-MAL-Magazins (02-25) widmet sich dem Thema „Berufs- und erwerbsbiografische Orientierungen im Lebenslauf“ – und trifft damit einen Nerv unserer Zeit. In einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt ist Berufsorientierung nicht länger ein einmaliger Prozess, sondern eine lebensbegleitende Aufgabe. Genau das macht diese Ausgabe besonders lesenswert.

Denk doch mal
Denk doch mal

Berufsorientierung als lebenslanger Prozess

Traditionell wird Berufsorientierung mit dem Übergang von der Schule in Ausbildung oder Studium verbunden – der sogenannten „ersten Schwelle“. Doch die Realität ist längst komplexer. Auch der Einstieg ins Berufsleben (zweite Schwelle), berufliche Umbrüche, Weiterbildung oder der Übergang in die Nacherwerbsphase verlangen nach Orientierung. Das DENK-doch-MAL-Magazin zeigt: Berufsorientierung muss als kontinuierlicher, reflektierter Prozess verstanden werden – als zentrales Element einer aktiven Erwerbsbiografie.

Zwischen Prekarisierung und Höherqualifizierung

Die Arbeitswelt ist heute geprägt von Widersprüchen: Auf der einen Seite nehmen prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu. Viele Jugendliche bleiben ohne Abschluss oder Ausbildung. Auf der anderen Seite steigen Akademisierungsraten und Weiterbildungsangebote. Berufliche Biografien verlaufen selten linear.

Die Redaktion des Magazins formuliert deshalb zwei zentrale Thesen zur Zukunft der Berufsorientierung:

  1. Konzeptionelle Erweiterung: Berufsorientierung muss mehr sein als Informationsvermittlung. Lebenswelt, Motivation, persönliche Interessen und individuelle Kompetenzen gehören ebenso dazu.
  2. Strukturelle Erweiterung: Beratung und Unterstützung müssen über alle Lebensphasen hinweg möglich sein – lebensbegleitende Berufsberatung wird zum Schlüssel.

Ausgewählte Beiträge im Überblick

Das Magazin vereint wissenschaftliche, politische und praxisnahe Perspektiven auf das Thema – mit vielen wertvollen Impulsen für alle, die in der Berufsbildung, Bildungsberatung oder Schulentwicklung tätig sind.

Subjektorientierung statt Standardansätze

  • Daniela Ahrens betont die Bedeutung lebensweltlicher Bezüge in der schulischen Berufsorientierung. Sie fordert, nicht-kognitive Faktoren wie Motivation oder Handlungsmuster ernst zu nehmen und keine Vermischung mit nachschulischen Beratungsstrukturen.
  • Claudia Kalisch verknüpft ihre wissenschaftliche Analyse mit persönlichen Erfahrungen als Mutter. Sie macht sich für mehr finanzielle Ausstattung, regionale Differenzierung und systematische Schulentwicklung stark.

Berufsorientierung als Schlüsselkompetenz im Lebensverlauf

  • Uwe Elsholz und Helena Kaiser verstehen Berufsorientierung als Future Skill. Im Fokus steht die Fähigkeit, die eigene Erwerbsbiografie aktiv zu gestalten – ein Gedanke, der mir besonders vertraut ist, da Prof. Elsholz einer meiner Dozenten an der FernUniversität in Hagen ist.
Denk doch mal
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Widerstand gegen Lernzumutungen verstehen

  • Axel Bolder beleuchtet, warum viele Menschen sich gegen Weiterbildung sperren – nicht aus Bequemlichkeit, sondern als bewusste Strategie zur Ressourcenschonung. Er beschreibt diesen Widerstand als subjektives Wissensmanagement und erweitert damit den Diskurs über Weiterbildungsmotivation und -hürden.

Neue Ansätze für Berufswahlkompetenz

  • Jeanette Schnell fordert, den oft unklaren Begriff der Ausbildungsreife durch den der Berufswahlkompetenz zu ersetzen. Berufsorientierung dürfe sich nicht nur an den Erwartungen des Arbeitsmarkts orientieren, sondern müsse an den realen Lebensverhältnissen der Jugendlichen ansetzen.

Berufsberatung für alle Lebensphasen – nationale und internationale Beispiele

Beratung im Erwerbsleben durch die BA

  • Das Autor:innenteam um Anne Heusler stellt das 2020 eingeführte Angebot der Bundesagentur für Arbeit vor: die Berufsberatung im Erwerbsleben. Sie richtet sich an Beschäftigte, Berufsrückkehrende oder Menschen mit Orientierungsbedarf – ein zukunftsweisender Schritt hin zur ganzheitlichen Erwerbsberatung.

Das Schweizer Modell als Impulsgeber

  • Gabriele Molzberger und Bernd Kaßebaum analysieren die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung in der Schweiz. Besonders interessant: das Programm viamia, das ältere Erwachsene bei beruflichen Veränderungen unterstützt, sowie die enge Verzahnung von beruflicher und hochschulischer Beratung.

Impulse aus der Praxis

RE/init e. V. – Bildungsträger mit Haltung

  • Im Interview mit Jovana Kartal und Gerd Specht wird deutlich, wie stark berufliche Orientierung von Vertrauen, Nähe und konkreter Begleitung lebt. Der Bildungsträger RE/init unterstützt Menschen in schwierigen Lebenssituationen – mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und Empowerment.

Mentor:innen für Weiterbildung

  • Michael Svoboda stellt das Projekt mendi.net vor, ein Gemeinschaftsprojekt von ver.di und IG Metall. Hier unterstützen geschulte Weiterbildungsmentor:innen ihre Kolleg:innen bei der beruflichen Weiterentwicklung – insbesondere jene, die bisher wenig Zugang zu Bildungsangeboten hatten.
Denk doch mal
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Fazit: Berufliche Orientierung braucht neue Konzepte – und gelebte Praxis

Die Ausgabe 02-25 von DENK-doch-MAL zeigt eindrucksvoll, wie umfassend das Thema Berufsorientierung im Lebenslauf gedacht werden kann – und muss.

Sie spricht nicht nur Bildungspraktiker:innen und Berater:innen an, sondern auch Entscheidungsträger:innen, die Strukturen mitgestalten. Vor allem aber macht sie deutlich: Berufsorientierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ernst genommen werden muss – in der Schule, im Betrieb, im Beratungssystem, aber auch im politischen Diskurs.

Hier geht es zum Blogbeitrag mit der vorhergehende Ausgabe des Magazins.

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