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Unistudium als Selbstversuch

Ein Skript

Bildungswissenschaft

Ein Studium als Selbstversuch? Ja.

Zunächst einmal: Ich bin wieder Student. Nicht „hauptberuflich“, sondern berufsbegleitend. Seit 1. Oktober 2014 bin ich an der Fernuni Hagen für den Studiengang Bildungswissenschaft eingeschrieben.

Für diejenigen, die den Begriff Bildungswissenschaft nicht so richtig einzuordnen wissen: Im Studium lernen wir, dass sich Ende des 18. Jahrhunderts zunächst die Pädagogik als eigenständige Wissenschaft von der Philosophie emanzipierte. Im 20. Jahrhundert wurde Pädagogik dann vorzugsweise durch „Erziehungswissenschaft“ abgelöst. Wobei Pädagogik rein theoretisch ausgerichtet ist und Erziehungswissenschaft die praktische Anwendung im Fokus hat. Die Bildungswissenschaft schließlich kam in den 1960er Jahren auf und möchte die theoretischen Überlegungen und die praktische Anwendung miteinander vereinen.

Ein Skript
Ein Skript

Warum aber studiere ich noch einmal? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen wollte ich noch einmal eine Herausforderung auf mich nehmen. Ich wollte mich weiterentwickeln. Der andere Grund ist: Ich lerne gern. In der letzten Zeit konnte ich mir aber immer spontan aussuchen, was mich interessiert, was ich lernen möchte.

Unseren Teilnehmern in den Fachwirt-Lehrgängen geht es anders. Sie haben sich zwar auch grundsätzlich für ihren Lehrgang entschieden, weil sie das Thema interessiert, vielleicht auch, weil sie die Herausforderung reizt; primär aber, weil sie beruflich vorankommen möchten und glauben, dafür einen öffentlich-rechtlichen Abschluss zu benötigen. Und dann sitzen sie im Kurs – oder oft sitzen sie auch nicht – und können sich nicht zum Lernen aufraffen oder sitzen kurz vor der Prüfung da und versuchen sich alles in kürzester Zeit in die Birne zu hämmern. Und dabei könnte es so einfach sein, immer dabei zu sein, permanent zu lernen und dabei vielleicht noch vernünftige Lerntechniken anzuwenden.

Aber das sagt sich so einfach als Außenstehender. Und genau das wollte ich nicht mehr sein: Ein Außenstehender. Dies ist also mein dritter Grund: Ich wollte in die Rolle des Teilnehmers schlüpfen und am eigenen Leib erfahren, was es heißt, plötzlich wieder den Zwang zu verspüren, Dinge lernen zu müssen, die einen zwar prinzipiell interessieren, jedoch vielleicht nicht gerade in diesem Moment, dieser Intensität oder auf die angebotene Art und Weise.

Das Ziel: Master in eEducation

Für das Studium Bildungswissenschaft habe ich mich entschieden, weil ich auf den Masterstudiengang eEducation aufmerksam wurde. Dieses Angebot klang spannend und die Inhalte könnte ich in meiner Arbeit sicher gut einsetzen. Wir verwenden seit drei Jahren MOODLE als Lernplattform. Das Thema geht jedoch nicht so recht voran. Ich erhoffe mir aus diesem Studium interessante Impulse. Zum anderen bieten wir seit diesem Jahr unseren ersten BlendedLearning-Kurs an. Und auch hierfür wäre ein bisschen zusätzlicher Input nicht schlecht. Was man jedoch aus Büchern, Veröffentlichungen und Veranstaltungen herausziehen kann, reicht mir nicht aus. Ich hätte gern etwas mehr „Fundament“.

Überblick über die Bildungswissenschaft
Überblick über die Bildungswissenschaft

Die Veranstaltung, die ich als erstes zu diesem Thema fand, war mir jedoch schlicht zu teuer. Ich suchte nach alternativen Anbietern und stieß auf die Fernuni Hagen, über die ich schon viel Positives gehört hatte. Und dort war dieser Studiengang deutlich günstiger.

Dort wollte man mich jedoch zum Master-Studiengang nicht zulassen. Mein Design-Diplom zählte hierfür nicht, ich müsse schon einen Bachelor in Bildungswissenschaft oder etwas adäquates nachweisen.
Zunächst ärgerte ich mich etwas darüber. Aber warum eigentlich nicht erst einmal sauber die Grundlagen legen?

Ich informierte mich über den Aufbau des Studiengangs Bildungswissenschaft, über Inhalte etc. Und je intensiver ich mich damit auseinander setzte, desto attraktiver erschien er mir. Diese vorsichtige Tuchfühlung mit dem Thema Bachelorstudium war im Juni. Im Juli besprach ich meine Pläne mit meiner Frau und stellte meine Unterlagen zusammen. Ich schrieb mich ein.

Definition von Wissenschaft
Definition von Wissenschaft

Auch das war bereits eine spannende Erfahrung. Auch hier war ich plötzlich auf der anderen Seite. Nicht mehr derjenige, der den Antrag, die Unterlagen prüft, die Zulassung ausspricht, sondern der Antragsteller.
Sicher. Es ist nicht eins zu eins mit unseren Lehrgängen zu vergleichen. Und dennoch kann ich hier viele Erfahrungen für meine tägliche Arbeit sammeln.

Für mindestens drei Jahre bin ich jetzt also Student. Zumindest, wenn ich durchhalte. Elf Module sind zu absolvieren bis zum Abschluss. Die Empfehlung der Hochschule: Zwei Module pro Semester für Vollzeitstudenten, ein Modul pro Semester für Teilzeitstudenten.

Irgendwie hatte ich mich jedoch vertan. – Auch dies eine interessante Erfahrung: Meist können wir nicht verstehen, warum unseren Teilnehmern solche Fehler unterlaufen. „Ist doch alles ganz leicht und verständlich.“ – Und nun habe ich für dieses Semester zwei Module belegt, also das Pensum eines Vollzeitstudenten. Ein Versehen.
Mal sehen, ob ich das durchhalten kann, oder ob ich doch reduzieren muss. Dann allerdings würde das ganze Studium sechs Jahre dauern. Eine verdammt lange Zeit! Also vielleicht doch mehr ein Akt des Unterbewusstseins als ein Versehen?

Was habe ich bisher gemacht?

So, nun bin ich also wieder Student, bin selbst Teilnehmer. Nun ist es nicht mehr nur graue Theorie, sondern Ernst. Und es läuft alles ein wenig anders, als ich es mir vorgenommen hatte. Ich habe mir einen Arbeitsplatz zuhause eingerichtet. Ich habe einen Lernplan erstellt: 1200 Seiten Skript in 20 Wochen durchzuarbeiten, das macht bei 6 Lerntagen die Woche – der Sonntag soll frei bleiben –, 10 Seiten pro Tag. Das ist doch kein Problem. Mit Schnelllesetechnik sind die flott zu lesen. MindMap jedes Abschnittes anlegen, eine Methode, die meiner Lern- und Arbeitsweise entgegen kommt. Und dann Wiederholungen direkt von Anfang an einbauen. Hierfür habe ich mir einen Lernordner angelegt, mit dem ich mir die Wiederholungen organisiere.

Überblick über das erste Semester
Überblick über das erste Semester

Soweit die Theorie. Aber der Stratege weiß: Ein Schlachtplan funktioniert so lange, bis man auf den ersten Feind trifft. So auch bei diesem Plan.

Die Texte sind trocken, in wissenschaftlicher Sprache und ich habe eben doch nicht so viel, an das ich anknüpfen kann, wie ich dachte. Zumindest nicht auf diesem Niveau. So wird das erste Durcharbeiten eher zur Qual als zur Freude. Und die Schnelllesetechnik nützt mir nicht wirklich. Ja, beim ersten Überfliegen – denn ich weiß: erst einen Überblick verschaffen, mit Fragen an den Text herangehen, und erst dann den Text wirklich durcharbeiten – geht es vielleicht etwas schneller. Dies ist jedoch der kleinste Teil der Lernarbeit.

Speedreading ist nicht die Lösung

Und ich muss das Gelesene zumindest weitgehend verstehen, um es dann so aufzeichnen zu können, dass ich es wieder abrufen kann. Komplizierter Satzbau und Fremdwörter sind da nicht gerade hilfreich.

Erziehung, Bildung, Sozialisation
Erziehung, Bildung, Sozialisation

Also wird die Zeit, die ich mich mit den Texten auseinandersetzen muss, länger als geplant. Und nach den ersten zweieinhalb Stunden habe ich nicht die geplanten zehn Seiten geschafft, sondern lediglich fünf. Ein erster Rückschlag.
Am nächsten Tag ergeht es mir nicht viel besser. Ich kämpfe darum, die gleiche Anzahl an Seiten zu schaffen. An Wiederholung ist gar nicht zu denken. So setzt sich eine Misserfolgs-Spirale in Bewegung. Am nächsten Tag komme ich spät von der Arbeit, habe zuhause Verpflichtungen. Ich kann mich erst spät ans Lernen setzen, bin ausgelaugt. Die zweieinhalb Stunden kann ich nicht einhalten. Also schaffe ich nicht einmal die fünf Seiten der Tage zuvor. Jeder Eintrag in meine Tabelle, in der ich meine Fortschritte erfasse, wird zum Misserfolg.

So vergehen einige Tage, bis ich mich gar nicht mehr aufraffen kann, mich zum Lernen hinzusetzen. Ich beobachte das einige Tage. Bin alarmiert. So schaffe ich sicher erst recht nicht, das nötige Pensum durchzuarbeiten. Was ein bisschen hilft, ist der Kontakt über WhatsApp zu meinen neuen Kommilitoninnen, die ich am „StartItUp“-Treffen im Regionalzentrum in Nürnberg kennengelernt habe.

Dennoch: Ich muss eine Strategie entwickeln, wie ich das Problem angehe. Denn ich will das schaffen.

Motivation-Hacking

Wichtig ist, in Bewegung zu bleiben; dran zu bleiben. So bette ich mein Lernvorhaben in ein Set von weiteren Vorhaben ein. Ich nehme mir also nicht weniger, sondern mehr vor. Aber ich verfolge das Erfüllen all dieser Vorhaben täglich. Ich überlege mir für jedes einzelne, wo mögliche Hemmnisse, Ausreden liegen. Ich portioniere sie so – zumindest anfangs –, dass sie lächerlich klein und einfach sind. Ich kann beinahe in jedem Zustand meine Versprechen einhalten; egal ob wach oder müde, motiviert oder ausgelaugt.

Der Grundbegriff Erziehung – Übersicht
Der Grundbegriff Erziehung – Übersicht

Für mein Lernvorhaben heißt das aktuell, dass ich mir keine Seitenzahl mehr vorgenommen habe, sondern eine Zeit. Lächerlich wenig Zeit. Ich habe mich mir selbst gegenüber verpflichtet, jeden Tag eine viertel Stunde zu lernen. Dafür gibt es keine Ausrede. Selbst wenn ich zum Umfallen müde bin. Das kann ich durchführen. Bin ich nicht müde, habe ich mit dem Mini-Ziel, eine viertel Stunde, vor Augen einen lockeren Einstieg und mache dann vielleicht mehr.
Sicher, das reicht bei weitem nicht aus, um den Stoff in der nötigen Zeit zu bewältigen. Aber ich bin in Bewegung geblieben und ich hole mir Erfolgserlebnisse ab.

Gerade war ich auf Dienstreise. Und dennoch schaffte ich diese viertel Stunde täglich; selbst unterwegs.

Die begonnene Misserfolgs-Spirale wird jetzt zur Erfolgsspirale. Wenn ich einen Erfolg nach dem anderen abhole und feiere, werde ich schon bald die Latte ein Stückchen höher legen. Und weiter aufbauen. Ab nächster Woche erhöhe ich auf eine halbe Stunde.

Perspektivenwechsel

Es ist schon seltsam, wieder auf der anderen Seite zu sitzen. Und ich verstehe meine Teilnehmer jetzt deutlich besser. Ich hoffe, ich kann aus diesem Projekt genug Erkenntnisse ziehen, die ich auch an meine Teilnehmer weitergeben kann. Und ich freue mich darauf, spannende, neue Dinge zu lernen.

Der Grundbegriff Erziehung
Der Grundbegriff Erziehung
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“Design of Business” – Buch von Roger Martin

Das Buch von Roger Martin ist sehr spannend. Es erklärt nicht den Prozess von Desing Thinking. Aber es erklärt, wie man Design Thinking in einem Unternehmen etablieren kann. Es erklärt, dass nicht allein “Design” – die kreative Komponente – nötig ist, um langanhaltenden Erfolg zu erzeugen, sondern das Zusammenspiel zwischen “Reliability” und “Viability” – zwischen Zuverlässigkeit und Lebensfähigkeit. Zwischen dem Vorhersagbaren und dem, was zählt. Nur die Balance zwischen beidem funktioniert. Nur Zuverlässigkeit, nur der Output allein, zählt gar nichts. Erst, wenn man beides zusammen bringt, kann man Erfolg generieren.

Roger Martin ist – na ja, immerhin ist er Professor – recht akademisch. Und dennoch denke ich, dass er es sehr pragmatisch auf den Punkt bringt. Der Akademiker – viel Praxis-bezogener als Tim Brown, der Praktiker.

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Design Thinking in Potsdam, an der HPI

In Vorbereitung der Summerschool “Design Thinking” der FH Würzburg-Schweinfurt, die im Sommer 2010 stattfindet, haben Tosh, Doreen und ich am Freitag, den 30. Januar, die HPI School of Design Thinking in Potsdam besucht.

Die Präsentationen waren interessant. So sicher sollte jeder präsentieren können. Ohne jegliche Überfrachtung. Die Lösung der Studienaufgaben, bei denen es sich durchaus um reale Projekte realer Unternehmen handelte, strotzten von kraftvollen, neuartigen Herangehensweisen. Sicher waren die vorgestellten Lösungen noch nicht umsetzungsreif (zumindest nicht so, dass man an die “Handwerker” übergibt),; aber die sechs Wochen, sind real für die Studenten auch nur 12 Tage, die sie neben der Arbeit an Ihren Masterthesen freiwillig an der HPI School of Design Thinking in interdisziplinären Teams arbeiten.

Und in zwölf Tagen bewegen Unternehmen oft weniger, als die Teams an der School of Design Thinking.