Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Rehabilitation für die faulen Kreativen

Heute stolperte ich im Magazin „Manager Seminare“ (Dezember 2012) über eine Kurzmeldung, betitelt mit „Produktiver Leerlauf“, in der über ein Experiment des amerikanischen Psychologen Jonathan Schooler berichtet wurde. Das Experiment an der University of California zeigt, dass Denkpausen Kreativität fördern. Im Experiment sollten kreative Ideen für den Einsatz eines Ziegelsteins entwickelt werden. Dann bekam ein Teil der Probanden eine geistig anspruchsvolle Aufgabe, der andere Teil eine rein mechanische Tätigkeit. Danach sollten nochmals Ideen zum Einsatz des Ziegels produziert werden. Die Gruppe mit den einfachen Tätigkeiten schnitt hier um 40 % besser als die Vergleichsgruppe ab.
Ziegelstein Mich beeindruckt gar nicht so sehr das Ergebnis. Es ist klar, dass die eine Gruppe die Möglichkeit hatte „während der Arbeit“ weiter über das Problem nachzudenken, während die anderen Personen all ihre Aufmerksamkeit für die neuen Aufgabenstellungen benötigte. Das eigentlich Erstaunliche ist für mich die Tatsache, dass ein solches Magazin darüber berichtet.
Die Kreativen, also Menschen, die in so genannten kreativen Berufen arbeiten – als ob es viele Berufe gäbe, in den man nicht auf die ein oder andere Weise kreativ wäre –, arbeiten schon immer so: Ideen produzieren, erwas völlig anderes tun und danach wieder zurück an die eigentliche Arbeit. Allerdings haben sie dafür einen schlechten Ruf: Sie arbeiten unstrukturiert, chaotisch, zu seltsamen Zeiten, manchmal gar nicht und dann stürzen sie sich wieder in die Arbeit und finden gar kein Ende.
Bewegen wir uns also langsam in eine Phase, in der Manager und sonstige betriebswirtschaftlich Getriebene erkennen, dass diese Arbeitsweise nicht die schlechteste ist? Ja, für manche Aufgabe sogar nötig ist? Heute ist stärker denn je, und schneller denn je Neues gefragt. Also: Innovationen. Und dafür braucht es nun mal Kreativität.
Ich bin gespannt, was noch alles folgt. Vielleicht werden schon bald die Kreativen bei den „Normalen“ ganz rehabilitiert sein.

Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Anerkennungsgesetz

AnerkennungsgesetzDas BMBF verkündet im Oktober stolz, das Anerkennungsgesetz sei ein großer Erfolg. Vor einem halben Jahr trat es in Kraft.

Was aber ist das Anerkennungsgesetz?

In Deutschland ist die berufliche Ausbildung genau geregelt. Entweder man beginnt nach der Schule eine staatlich anerkannte Berufsausbildung oder man studiert. Ansonsten hat man – als Ungelernter – bestenfalls Aussichten auf einen Hilfsjob.
Es gibt Regelungen für alle Bereiche: Handwerk, Gesundheitswesen, Handel, Industrie und mehr. Für jeden dieser Bereiche ist eine offiziell benannte Stelle vorhanden, welche die Abschlussprüfungen abnehmen und ein Zeugnis ausstellen darf. Mit diesem erhält man auch seine offizielle Berufsbezeichnung – Bürokaufmann, Altenpfleger, Trockenbaumonteur …

Jeder weiß also sofort, was eine Person gelernt hat (oder gelernt haben soll), wenn sie diese Berufsbezeichnung führt. Falls man es nicht weiß, kann man in einem Verzeichnis (z.B. Berufenet) nachsehen und erhält dort eine Beschreibung. Es handelt sich also um eine Standardisierung der Berufsabschlüsse.
Wie alle Standardisierungen, bringt auch diese Vor- und Nachteile mit sich.

Der Vorteil liegt in der Vergleichbarkeit. Der Nachteil ist, dass wir gewohnt sind, nach dem Abschluss, nach dem Zeugnis zu schauen, um die Fähigkeiten eines Menschen einzuschätzen. Dabei bemühen wir uns häufig nicht, uns selbst ein Bild über die wirklichen Kenntnisse und Fähigkeiten desjenigen zu machen. Hat ein Bewerber einen gewissen Abschluss nicht, ist er nicht kompatibel. Seine Bewerbung wird nicht berücksichtigt.
Manchmal geht es so weit, dass ein Chef vielleicht sogar die entsprechende Weitsicht besitzt, einen Kandidaten zu berücksichtigen, obwohl er nicht den geforderten Abschluss, aber durchaus „das Zeug zu diesem Job“ hat. Aber ihm sind aufgrund von Vorgaben die Hände gebunden. Er kann einen Bewerber nicht einstellen, da er die nötige „Qualifikation“ nicht mitbringt. So gehen dem Arbeitsmarkt viele fähige Fachleute verloren. Manch einer reiht sich in die Schlange der Arbeitslosen ein, obwohl er gute Arbeit leisten könnte.

So viel in Kürze zum deutschen System. Was aber ist mit Ausländern, welche ihren Abschluss in ihrer Heimat erworben haben? Bisher war es jedem Ausländer selbst überlassen, seinen Beruf ins rechte Licht zu rücken. Oder es war dem Arbeitgeber überlassen, aus den vorliegenden Dokumenten – in Übersetzung oder auch im Original – das Richtige herauszulesen.

An dieser Stelle kommt nun das Anerkennungsgesetz ins Spiel. Es soll ausländische Abschlüsse mit den deutschen Abschlüssen vergleichbar machen. Hat einer in Russland im Rahmen einer Ausbildung gelernt, wie man eine Druckmaschine bedient, wird er also hier in Deutschland wohl mit einem Drucker verglichen und sein Abschluss wird dem eines Druckers in Deutschland gleichgestellt. Hat er Brötchen gebacken, wird er als Bäcker betrachtet.

Weiterer, unbestreitbarer Vorteil des Gesetzes ist, dass ausländische Abschlüsse an Wert gewinnen. Während bisher quasi auf jeden ausländischen Abschluss abschätzig herabgeblickt wurde, können Deutsche diese nun einordnen und mit Ihrem Bezugssystem vergleichen.

Aber auch wenn ein Abschluss niedriger eingestuft werden sollte oder nur in Teilen anerkannt wird, kann der deutsche Arbeitsmarkt nun etwas mit der Bezeichnung anfangen und so ist sein Wert vielleicht geringer, als man das selbst sieht, aber er hat eben einen genau benannten Wert.

Und: Wenn einmal eine Entscheidung gefällt wurde, muss nicht jedesmal wieder überprüft werden, mit welchem deutschen Beruf das Angegebene zu vergleichen ist. Das vereinfacht das Verfahren für Arbeitgeber, gibt aber auch dem Arbeitsuchenden Sicherheit. Er muss nun nicht jedes Mal von neuem erklären, was er da eigentlich gelernt hat.

Es gibt aber auch schwierige Fälle, wo im Ausland mit hochtrabenden Titeln, wie Ingenieur herumgeworfen wurde. Hier hätte der Betreffende dann bestenfalls einen Techniker. Es geht also nicht um Abwertung, sondern darum, dem Abschluss den richtigen Wert zu geben. Ob das allerdings funkioniert, bleibt fraglich. Schließlich ist man sich hierzulande teilweise schon nicht einig über den Wert eigener Abschlüsse.

Und was ist mit Abschlüssen, die nun mal keinen Vergleich zulassen? Ich weiß nicht, ob das Bauen von Iglus bei den Inuit eines staatlich geprüften Abschlusses bedarf. Falls ja, kann ich mir allerdings nur schwer vorstellen, mit welchem deutschen Ausbildungsberuf dies verglichen werden könnte. Dachdecker? Eisformer? Speiseeisbereiter? Und es gibt sicher noch viel gängigere ausländische Ausbildungen, die hier in Deutschland keine wirkliche Entsprechung haben, oder womöglich eine Mischung aus verschiedenen deutschen Berufen darstellen.

Auch ältere Bewerber haben hier wieder einmal häufiger das Nachsehen als jüngere. Denn je länger die Ausbildung zurückliegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es keinen vergleichbaren Beruf gibt.

Hier steht dann unser aktuelles System im Vordergrund, und die Vergleichbarkeit mit diesem. Welche tatsächlichen Fähigkeiten der potentielle Arbeitnehmer hat, wird dabei nicht berücksichtigt. Auch hier gehen dem Arbeitsmarkt unter Umständen wertvolle Arbeitskräfte verloren.

Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Uneinheitlichkeit des deutschen Systems. Es gibt bundeseinheitliche Berufe, aber auch Berufe, welche durch die Länder geregelt sind, z.B. Lehrer, Ingenieure, Architekten und soziale Berufe. Hier greift das Anerkennungsgesetz nicht.

Allerdings sollen entsprechende Länder-Gesetze auf den Weg gebracht werden.

Immerhin, ausländische Arbeitssuchende haben jetzt einen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren. Das ist schon deutlich mehr als vorher. Dies heißt aber noch nicht automatisch, dass ihre Ausbildung auch anerkannt wird. Aber man kann ihnen das Verfahren zumindest nicht verweigern und sie können versuchen, ihren Beruf, ihren Abschluss in unser System zu integrieren.

Das Verfahren funktioniert so: Bei den IHKs wurde eine zentrale Stelle in Nürnberg eingerichtet, um das Anerkennungsgesetz für die IHK-Berufe durchzuführen, die IHK FOSA. Die Mitarbeiter dort bearbeiten die Anträge. Sie überprüfen die Unterlagen, vergleichen sie nach bestem Wissen und Gewissen mit denen ihn vorliegenden Informationen. Und danach treffen sie eine Entscheidung und erstellen einen rechtsverbindlichen Bescheid.

Sie haben schon einige hundert Anträge bearbeitet. Hierfür brauchen sie derzeit maximal drei Monate; ich denke, ein vertretbarer Zeitraum. Aber kostenlos ist der ganze Spaß nicht. Die mehreren hundert Euro werden sicher den ein oder anderen abschrecken, das Verfahren einzuleiten, zumal der Ausgang ja ungewiss ist.

Für mich heißt das: Nachdem in unserer Gesellschaft das „Schein-Denken“ herrscht, ist es gut, dass es das Anerkennungsgesetz gibt, da so auch Ausländer die Chance haben, dass das, was sie bereits geleistet haben, anerkannt wird. Insgesamt finde ich es aber wünschenswert, dass die tatsächliche Leistung und das tatsächliche Wissen stärker berücksichtigt wird als Abschlüsse und Scheine.

Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

25 Jahre IHK – Zentrum für Weiterbildung

Am 15.10.12 feierte die IHK Würzburg-Schweinfurt das 25-jährige Bestehen des Zentrums für Weiterbildung. Neben den Vorträgen, die man üblicherweise bei solchen Jubiläumsveranstaltungen hört, sprachen jedoch auch der „Denkexperte“ Jürgen Stock aus Gerbrunn sowie der noch prominentere Gerbrunner Thomas Lurz.

Lurz sprach über Erfolg und Motivation; der Kurzvortrag von Stock hatte das Thema „Weiterbildung – worauf es wirklich ankommt“. In dem Impulsreferat ging es um die Frage, wie Weiterbildung in einer postmodernen Gesellschaft didaktisch sinnvoll konzeptioniert sein muss, um nachhaltige Wirkungen zu erzielen. Sonst laufen viele Trainingsmaßnahmen Gefahr, reine Alibi-Veranstaltungen zu bleiben, ohne jegliche Nachhaltigkeit.

Das Tüpfelchen aufs i setzte Oliver Tissot, seines Zeichens Wortakrobat, der seine Vorredner verballhornte und erstaunliche neue Erkenntnisse produzierte. Erstaunlich, wie er schaffte, einige vorangegangene Inhalte zu verankern.

Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Steve Jobs’ kleines Weißbuch

Steve Jobs' kleines Weißbuch

Steve Jobs' kleines Weißbuch
Zur Zeit lese ich das Buch von Leander Kahney. Damals existierte der Begriff Design Thinking noch nicht. Aber dank Kahneys Darstellung kann ich gut nachvollziehen, warum Steve Jobs immer wieder im Zusammenhang mit Design Thinking genannt wird. Er verwendet sicher nicht eins zu eins den IDEO-Prozess, aber viele Komponenten kommen einem so vertraut vor, wenn man sich mit Design Thinking befasst hat. Und es dürfte wohl nicht viele Unternehmen geben, in denen diese Methode so stark in sämtliche Prozesse integriert ist.

Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Philipp Schäfer bei der TGM

Gestern hielt Philipp Schäfer, CEO von IDEO Deutschland, einen Vortrag über Design Thinking vor der Typografischen Gesellschaft München. Die Veranstaltung in der Black Box am Gasteig war gut besucht; leider waren natürlich überwiegend Designer anwesend. Obwohl das Thema gerade für die Wirtschaft interessant wäre. Aber immerhin sickert das Thema auch langsam in Deutschland in die Öffentlichkeit.

Philipps Vortrag war sehr spannend. Sicher, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt und die einschlägigen Bücher gelesen hat, gab es nichts wirklich Neues. Aber das hatte ich mir auch gar nicht erwartet. Es war ein gut aufbereiteter und vorgetragener Überblick. Und: Endlich mal etwas auf Deutsch. Die eineinhalb Stunden vergingen wie im Flug.

Leider hatte ich nur mein iPhone dabei, um ein paar Minuten mitzuschneiden. Aber immerhin gibt das Video einen kleinen Einblick.